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Der Hintergrundbericht

Die Nachricht – das Wichtigste in aller Kürze.
Der Ereignisbericht – mit szenischem Einstieg, Details, Hintergrund und Einordnung.
Und jetzt der Hintergrundbericht.

– Auch der Hintergrundbricht (HG-Bericht) braucht ein aktuelles Ereignis. Aber anders als im Ereignisbericht ist das nur ein Anlass, um einen Aspekt des Ereignisses, neuen Produktes herauszugreifen und über diesen einen Aspekt ausführlich zu berichten. Deswegen sind, in der Regel, HG-Berichte länger als Ereignisberichte.
– Der Schwerpunkt der journalistischen Arbeit liegt, wie auch im Ereignisbericht, in den Bausteinen Hintergrund und Einordnung.
– Wie bei Nachricht und Ereignisbericht gilt auch für den HG-Bericht: Egal, ob Print, Radio, Fernsehen oder Online – die journalistischen Regeln gelten für alle Medien. (Ja, es gibt kleine Unterschiede; aber mehr in/bei der Produktion, als bei journalistischen Regeln.) Also: Leser meint Leser, Hörer, Zuschauer (LHZ), Vorspann auch Anmod und Zitat auch O-Ton.

Hintergrundberichte eignen sich für Themen, die nicht grundsätzlich neu sind, bei denen aber eine Neuheit einen neuen, vielleicht ganz anderen Blick als bisher, auf das Thema möglich macht. Beispiele:
– Biogasanlagen an sich sind/waren ein alter Hut – aber im HG-Bericht wird deutlich, dass diese Anlagen durchaus auch Nachteile haben.
– Kreuzfahrten boomen – und der HG-Bericht zeigt plötzlich auf, dass die meisten Kreuzfahrtschiffe gigantische Luftverschmutzer sind
– In Deutschland werden Herzzentren aufgebaut – der HG-Bericht weist darauf hin, dass diese gut gemeinte Entscheidung doch einige Nachteile hat
– Photovoltaikanlagen sind schön und gut – aber in einigen Jahren werden sie abgelöst durch eine neue Technik: Solarthermie

Grafisch lässt sich der Unterschied zwischen Ereignisbericht und Hintergrundbericht vielleicht so darstellen:

Im Ereignisbericht steht alles über das neue Flugezug – und das alles ist neu. Leser, Hörer, Zuschauer wollen den beim Lesen den Eindruck haben, dass sie bei der Vorstellung des neuen Fliegers mit dabei sein.

Im Hintergrundbericht geht um EINEN Aspekt von Flugzeugen. Der Anlass für den Bericht kann der neugestaltete Flügel des AXX 1000 sein. Dann aber müssen andere Flügelformen kommen, die Forschung dazu, die Vor- und Nachteile von neuen Flügelformen und am besten auch ein oder zwei Besuche in/Beschreibungen von den jeweiligen Laboren.

Im HG-Bericht stehen viel mehr recherchierte Ergebnisse/Erkenntnisse, als im Ereignisbericht. Der szenische Einstieg am/vom Produktionsort und die Details dieses Ereignisses sind nur der Auftakt für die dann folgenden Details, Hintergründe und Einordnungen. Der HG-Bericht bringt Themen, die eigentlich schon bekannt sind. Oder Themen, bei denen wir sagen: „Stimmt, da habe ich noch gar nicht drüber nachgedacht.“ Durch die intensive Recherche bringen wir neue Informationen und Erkenntnisse und damit neue Einsichten für den Leser; wir geben einen Überblick über den aktuellen Stand, zeigen Zusammenhänge auf. Aber auch der HG-Bericht braucht ein aktuelles Ereignis und auch mindestens einen Produktionsort und auch mindestens einen szenischen Einstieg. Bei aufwändigeren HG-Berichten können auch durchaus mehrere Produktionsorte (inklusive, Szenen, Beschreibungen, Details) vorkommen.

Vom Ereignis- zum Hintergrundbericht. Ein Beispiel:

E-Scooter waren vor einigen Jahren neu. In allen Medien wurde dann darüber berichtet. In Form von Nachrichten und Ereignis-Berichten. Inzwischen sind E-Scooter überall, bekannt und etabliert. Wenn du jetzt also über E-Scooter schreiben willst, kann das Thema nicht sein: „Hallo, es gibt jetzt E-Scooter!“. Stattdessen schreibst du einen Hintergrund-Bericht. Dazu musst du zunächst Einzelheiten recherchieren, zum Beispiel: Wie sind E-Scooter in unterschiedlichen Regionen verbreitet, wie werden sie dort genutzt, welche Probleme gibt es. Dann suchst du dir EINEN von diesen Aspekten heraus sind – und recherchierst dann alles, was zu diesem einen Aspekt wichtig ist. Themen könnten sein:

– E-Scooter sind überall. Und sie sind auch eine Gefahr. Wie viele Nutzer haben sich schon verletzt? Wie schwer? Zahlen das die Krankenkassen? Will die Politik die Nutzung von E-Scootern einschränken oder gar verbieten?
– E-Scooter verkaufen sich immer besser, wer verdient da eigentlich dran? Wer sind die Hersteller, wo sitzen sie? Welche neuen Entwicklungen, Werkstoffe gibt es? Wie sieht die Entwicklung in anderen Ländern aus? Werden E-Scooter demnächst olympisch?
– (Fiktiv:) E-Scooter – der neueste Trend in den USA: Jumpboards. Federn statt Nicht nur Rollen, sondern auch große Sprungfedern zum Hopsen. Ist das eine Konkurrenz für den klassischen E-Scooter? Wann kommen die Jumpboards nach Deutschland? Wer baut sie? Welche Modelle? Was können sie? Wie gefährlich ist das?

 Kein Bericht ohne Aktionen, Menschen

Um Probleme oder Problemlösungen zu erzählen, brauchen wir – Menschen. Die haben entweder (aktuell) ein Problem oder (aktuell) ein Problem gelöst. Wir erzählen, wie das Problem aussieht. Oder wie das Problem gelöst wurde. In beiden Fällen müssen wir Aktionen miterleben – nur dann können wir darüber berichten. Das ist im HG-Bericht nicht ganz so wichtig, wie im Ereignisbericht, aber allein für den szenischen Einstieg brauchen wir Produktionsort, Menschen, Aktionen.

Und: Auch eine Problemlösung muss wieder ein Problem behandeln: Welche besonderen Schwierigkeiten gab es bei der Lösung des Problems? Warum konnte unser Mensch das Problem lösen – und andere Menschen nicht? Wie ist unser Mensch darauf gekommen, wie dieses Problem zu lösen ist/war? Gewünschter Nebeneffekt: Durch die Nennung von Problem vermeiden wir den Eindruck eines PR-Textes (PR geht in der Regel nur auf Problemlösungen, nicht aber auf noch bestehende Probleme ein) – der Text wird journalistischer.