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Technikjournalismus

Technikjournalismus – Was ist das (nicht)?
(Dieser Text gilt für Fachjournalismus generell)

NEIN:  Journalismus ist KEIN Lexikon. Und Technikjournalismus ist KEIN Technik-Lexikon. JA: Technikjournalismus berichtet über Technik, aber dies immer anhand von Menschen, die diese Technik erfinden, verbessern, nutzen, bekämpfen oder darunter leiden. Die Einbindung von Menschen in die Berichterstattung über Technik ist unterschiedlich stark: In der Fachzeitschrift eher weniger, in der Tageszeitung mehr, bei Radio und Fernsehen viel mehr. Trotz der Einbindung von Menschen gelten die Journalismus-Regeln und -Aufgaben: Aktualität, Relevanz, Recherche, Fokus, Informationen, Einordnung, Objektivität.

 Technikjournalismus berichtet oft über neue Technik; neue Verfahren, neue Produkte. Weil Journalismus aber eben kein Lexikon ist, soll die neue Technik zwar erklärt werden, aber nur in dem Maße, dass die Leser sich ein Bild über die Funktion, das Verfahren machen können. Technikjournalismus darf die Leser nicht mit (Produkt-)Fakten und Funktionen „zumüllen“, sondern muss vor allem zeigen, dass und in welchem Maße die neue (Aktualität) Technik für den Leser wichtig ist (Relevanz). Deswegen ist die journalistische Leistung „Einordnung“ im Technikjournalismus besonders wichtig. Vor allem durch die Einordnung können Technikjournalisten (TJ) deutlich machen, dass sie zwar mit den Technik-Unternehmen gesprochen und dort auch produziert haben, aber keineswegs für die Unternehmen oder deren Produkte Werbung machen, sondern objektiv und unabhängig berichten. Und nur für diesen objektiven Journalismus sind Leser bereit zu zahlen, denn Werbung und PR-Texte bekommen sie von den Unternehmen umsonst (Webseite, Prospekte, Anzeigenblatt, Kundenzeitschrift).

Durch eine umfassende und objektive Einordnung beweist der Technikjournalist auch die kritische Distanz (auch: „journalistische Distanz“) gegenüber Thema, Produkt, Unternehmen. Auch das ist ein Qualitätsmerkmal, für das Leser bereit sind zu zahlen.

Einordnung, Objektivität und kritische Distanz können im Technikjournalismus vor allem durch folgende Recherchen/Informationen erbracht werden:
– die vom Unternehmen gemachten Aussagen nachprüfen (Fachwissen!)
– das neue Produkt/Verfahren auf mögliche Nachteile untersuchen
– über eventuelle (vielleicht sogar bessere) Konkurrenzprodukte berichten
– Experten zum neuen Produkt/Verfahren befragen (Nutzen, Vorteile, Nachteile, Kritik)

Schon an dieser Stelle: Das mit der Einordnung und kritischen Distanz schreibt sich leicht. In der Realität ist das ziemlich schwierig, denn wie jeder Fachjournalismus erfordert auch Technikjournalismus die Quadratur des Kreises: Technikjournalisten müssen zu Technik-Unternehmen und -Mitarbeitern gute Kontakte haben, denn nur dann kommen sie an die relevanten Informationen (und zum Beispiel auch an Drehgenehmigungen, Testgeräte; Unterstützung generell). Aber gleichzeitig müssen sie eben auch objektiv bleiben, die Distanz zum Unternehmen und deren Mitarbeitern bewahren und ggf. sehr kritisch oder auch negativ über Produkt und Unternehmen berichten.  

Journalisten publizieren nur, was sie selber komplett verstanden haben.